Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 02.05.2002
Aktenzeichen: 3 U 216/01
Rechtsgebiete: UWG, MarkenG, BGB


Vorschriften:

UWG § 25
MarkenG § 5 Abs. 2
MarkenG § 15 Abs. 2
MarkenG § 15 Abs. 4
MarkenG § 15 Abs. 5
BGB § 12
1. Das Firmenschlagwort "Sieh an!" ist der Bezeichnung "siehan.de" sehr ähnlich. Eine Verwechslungsgefahr scheidet trotz bestehender potentieller Verwechslungsfähigkeit der vorgenannten Bezeichnungen- aus, wenn Branchennähe nicht besteht. Zwischen einer Tätigkeit im Versandhandel, insbesondere mit Textilien, und dem Betreiben eines interaktiven Internet-Portals und der Herausgabe eines InternetMagazins, über welche allgemeine Informationen gesammelt und zugänglich gemacht werden, besteht keine Branchennähe.

2. Bei der Beurteilung der Branchennähe ist im Hinblick auf eine Domainbezeichnung maßgeblich auf die unter der InternetAdresse angebotenen Waren und Dienstleistungen abzustellen.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 216/01

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 2. Mai 2002

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, von Franqué, Terschlüssen nach der am 21. März 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 4. Mai 2001 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits.

Das Urteil ist -für die Beklagte- gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 10.000,00 vorläufig vollstreckbar.

Gegen dieses Urteil wird das Rechtsmittel der Revision nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus Marken-, Namens- und Wettbewerbsrecht in Anspruch.

Die Klägerin betreibt ein Versandhandelsunternehmen, dessen Angebot insbesondere Bekleidung umfaßt (Anlage k 6), und ist seit dem 26. Juni 1997 unter der Firma "S.........! Handelsgesellschaft mbH" im Handelsregister des Amtsgerichts Amberg eingetragen. Als Unternehmensgegenstand wurden "der Großund Einzelhandel, insbesondere der Versand- und der Warenhaushandel mit Waren aller Art, ferner die Herstellung der im Rahmen der Einzelhandelsaktivitäten angebotenen Waren sowie Dienstleistungen aller Art" angegeben (Anlage K 1). Die Klägerin ist Inhaberin der Domain "sieh-an.de", welche am 7. August 1997 für sie registriert wurde. Darüber hinaus ist die Klägerin Inhaberin der Domains "siehan.com", "siehan.net", "siehan.at", "siehan.ch" sowie der Domains "sieh-an.com", "sieh-an.net", Dsieh-an.at" und "sieh-an.ch". Diese Domains ließ die Klägerin im August 2000 für sich registrieren.

Die Beklagte ist Inhaberin der Domain "siehan.de", welche im World Wide Web unter der Internet-Adresse "www.siehan.de" abrufbar ist. Diese Domain wurde am 14. Dezember 1998 für die Beklagte registriert. Gleichzeitig wurde der Geschäftsführer der Beklagten bei der D........ e.G. als administrativer Ansprechpartner eingetragen (Anlage K 2). Unter der genannten Adresse bietet die Beklagte ein Internetmagazin bzw. Internetportal mit dem Namen "www.siehan.de" an. Unter der streitgegenständlichen Internet-Adresse werden über die Website der Beklagten redaktionell, thematisch und alphabetisch geordnete Hyperlinks zu Stichworten, wie bspw. Auto, Auktionen, Chat, Download, Politik oder Shopping, bereit gehalten. Die Beklagte stellt auf diesem Wege über 800 Links zur Verfügung (Anlage K 3).

Mitte August 2000 bemerkte die Klägerin, daß die Beklagte die Domain "www.siehan.de" für sich hatte registrieren lassen. Mit Schreiben vom 7. September 2000 mahnten die Kläger-Vertreter die Beklagte unter Fristsetzung zum 11. September 2000 ab (Anlage K 4). Die Beklagte war jedoch nicht bereit, eine entsprechende Verpflichtungserklärung abzugeben.

Das Landgericht Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, hat der Beklagten nachfolgend mit einstweiliger Verfügung vom 19. September 2000 (Az.: 416 O 247/00)

1. bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten,

a. sich im geschäftlichen Verkehr der Bezeichnung "S........."

zu bedienen, insbesondere eine Domain "www.siehan.de" zu

halten;

b. die Internet-Domain "siehan.de" zu veräußern oder veräußern zu lassen, sie zu übertragen oder übertragen zu lassen oder in sonstiger Weise darüber zu verfügen, sofern nicht die Veräußerung, Übertragung oder sonstige Verfügung an die Firma S.........! Handelsgesellschaft mbH oder mit deren Zustimmung erfolgt,

2. bei Meidung eines Zwangsgeldes von bis zu DM 50.000,00, ersatzweise Zwangshaft, aufgegeben, gegenüber D........ alle notwendigen Handlungen vorzunehmen, damit die Übertragung der Domain "siehan.de" zugunsten der Antragstellerin vorgenommen werden kann.

Gegen diese Beschlußverfügung hat sich die Beklagte mit TeilWiderspruch vom 23. Oktober 2000 gewendet. Sie hat ihren Widerspruch auf den Tenor zu 2. beschränkt und zur Begründung ausgeführt, daß ein Domain-Übertragungsanspruch, zumal im einstweiligen Verfügungsverfahren, nicht bestehe.

Mit Urteil vom 15. Dezember 2000 hat daraufhin das Landgericht Hamburg seine einstweilige Verfügung vom 19. September 2000 hinsichtlich der Ziffer 2. aufgehoben und insoweit den auf ihren Erlaß gerichteten Antrag zurückgewiesen.

Nachfolgend hat die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 18. Dezember 2000 unter Fristsetzung zum 8. Januar 2001 zur Abgabe der Abschlußerklärung aufgefordert. Die Beklagte war jedoch nicht bereit, die verlangte Erklärung abzugeben. Daraufhin hat die Klägerin ihre Ansprüche im vorliegenden Rechtsstreit im Wege der Hauptsacheklage weiter verfolgt.

Sie hat dazu erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die Verwendung der Domain "siehan.de" durch die Beklagte verletze Kennzeichenrechte der Klägerin. Ihr stehe daher gemäß § 12 S. 2 BGB, §§ 5 Abs. 2, 15 Abs. 2 MarkenG sowie § 1 UWG ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung des Kennzeichens der Klägerin als Domain-Name zu. Die Verwechslungsgefahr sei auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß auf der Homepage der Beklagten auf unterschiedliche Waren oder Inhalte verwiesen werde, da die verwechslungsfähige Ware bzw. Dienstleistung bereits die unter der Domain abrufbare Homepage als solche sei. Zudem käme es im Rahmen des § 12 BGB nicht darauf an, ob Verwechslungsgefahr bestehe.

Durch die Registrierung der Domain für die Beklagte sei es der Klägerin verwehrt, selbst unter dieser Homepage im Internet aufzutreten. Durch die Verwendung des Unternehmenskennzeichens der Klägerin durch die Beklagte komme es zwangsläufig dazu, daß Kundenströme auf die Beklagte umgeleitet würden.

Die Klägerin hat beantragt,

I. der Beklagten bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten,

1. sich im geschäftlichen Verkehr der Bezeichnung

"S........." zu bedienen, insbesondere eine Domain "www.siehan.de" zu halten;

2. die Internet-Domain "siehan.de" zu veräußern oder veräußern zu lassen, sie zu übertragen oder übertragen zu lassen oder in sonstiger Weise darüber zu verfügen, sofern nicht die Veräußerung, Übertragung oder sonstige Verfügung an die Firma S.........! Handelsgesellschaft mbH oder mit deren Zustimmung erfolgt;

II. der Beklagten bei Meidung eines Zwangsgeldes von bis zu DM 50.000,00, ersatzweise Zwangshaft, aufzugeben, gegenüber D........ die Domain "siehan.de" freizugeben;

III. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziffer I. 1. vorgenommen hat, und zwar unter Angabe der unter der Bezeichnung erzielten Umsätze sowie der Werbeaufwendungen im Zusammenhang mit dieser Bezeichnung;

IV. festzustellen, daß die Beklagte der Klägerin allen Schaden zu ersetzen hat, der dieser aus Handlungen gemäß Ziffer I entstanden ist oder zukünftig noch entstehen wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Hamburg gerügt. Sie hat weiter die Ansicht vertreten, der Klagantrag sei zu weit gefasst, weil er keinen Bezug auf konkrete Verletzungsformen nehme bzw. branchen- und produktübergreifend gestellt sei. Somit laufe er auf ein unzulässiges Schlechthin-Verbot hinaus. Beim Schalten einer Homepage komme es zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht auf die Homepage an sich, sondern auf die über sie angebotenen Waren- und Dienstleistungen an. Da die Parteien unterschiedlichen Branchen angehörten, bestehe keine Verwechslungsgefahr.

Das Landgericht hat der Klage durch Urteil vom 4. Mai 2001 vollen Umfangs stattgegeben und dazu im Wesentlichen ausgeführt, daß über die Homepage der Beklagten bereits jetzt auf eine Vielzahl von Waren- und Dienstleistungen verwiesen werde. Bei Berücksichtigung von Ausbreitungstendenzen sei deshalb anzunehmen, daß dort zukünftig auch Hinweise auf Bekleidungsangebote zu finden sein würden. Da insoweit Branchenübereinstimmung gegeben sei, bestehe Verwechslungsgefahr.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die sie frist- und formgerecht eingelegt und begründet hat. Die Beklagte wiederholt ihr gesamtes erstinstanzliches Vorbringen und macht darüber hinaus geltend, sie sei nicht Inhaberin der Domain "www.siehan.de", sondern der Domain "siehan.de" (Anlage BK 1). Somit sei sie nicht in der Lage, dem Tenor des landgerichtlichen Urteils zu entsprechen, nämlich die Domain "www.siehan.de" freizugeben. Da Unmögliches nicht verlangt werden könne, dürfe sie auch nicht gerichtlich zur Freigabe der Domain verpflichtet werden.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils vom 4. Mai 2001 die Klage abzuweisen sowie

Zurückweisung des Hilfsantrages der Klägerin.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 4. Mai 2001 zu bestätigen und die hiergegen gerichtete Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

der Beklagten bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten, unter der Bezeichnung "siehan.de" ein Internetportal zu betreiben, unter dem Anbieter von Textilien erreichbar sind.

Sie verteidigt unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag das angefochtene Urteil und führt aus, die Rüge der örtlichen Unzuständigkeit des Landgerichts Hamburg sei der Beklagten im hiesigen Berufungsverfahren gemäß § 512 a ZPO verwehrt.

Zudem sei auch die in dem Unterlassungsausspruch des Landgerichts verwendete Bezeichnung "www.siehan.de" zutreffend, da sich der Unterlassungsantrag der Klägerin gegen die Nutzung der Domain "siehan.de" im World Wide Web richte. Auch bestehe Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit, denn -wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe- sei bei Berücksichtigung von Ausbreitungstendenzen davon auszugehen, daß die Beklagte zukünftig auch Links auf Textilangebote setzen werde. Diese Gefahr ergebe sich daraus, daß die Website der Beklagten nicht auf bestimmte Waren- oder Dienstleistungsangebote beschränkt sei. Zudem stehe zu befürchten, daß die Beklagte zur Erzielung von Einnahmen Werbebanner von Textilanbietern auf ihrer Homepage platzieren werde. Folglich bestehe zumindest Erstbegehungsgefahr hinsichtlich eines Warenangebots, welches mit demjenigen der Klägerin identisch sei. Zudem könne sich die Klägerin auch auf § 12 S. 2 BGB stützen.

Auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, auf das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 21. März 2002 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Akte des Verfügungsverfahrens (Az.: 416 O 247/00 = 3 U 38/01) wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

I.

Gegenstand der vorliegenden Klage ist die Verwendung der Bezeichnung "S........." im geschäftlichen Verkehr, insbesondere das Halten der Domain www.siehan.de (Klagantrag zu I. 1). Damit wendet sich die Klägerin nicht nur gegen die konkrete Verwendungsform, wie sie Gegenstand des Hilfsantrages geworden ist (vgl. Anlage zum Protokoll der Berufungsverhandlung vom 21. März 2002), d.h. dagegen, daß die Beklagte unter der Bezeichnung "siehan.de" ein Internetportal betreibt, unter dem auch Anbieter von Textilien erreichbar sind. Vielmehr richtet sich der Hauptantrag gegen jegliche Verwendung der Bezeichnung "siehan", und zwar unabhängig davon, ob unter dieser Bezeichnung ein Portal betrieben oder unmittelbar bestimmte Waren- und Dienstleistungen angeboten werden.

II.

1.

Soweit der Beklagte die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Landgerichts Hamburg rügt, ist dies gemäß § 512 a ZPO unbeachtlich.

2.

Der Unterlassungsantrag zu I. 1. ist nach Auffassung des Senats unbegründet.

Soweit die Beklagte allerdings meint, sie sei nicht Inhaberin der Domain "www.siehan.de", sondern lediglich der Domain "siehan.de", erscheint ihre Betrachtungsweise zu formal. Die Klägerin wendet sich mit ihrem Unterlassungsantrag zu I. 1. gegen die Verwendung der Bezeichnung "S.........", und insoweit auch gegen die Verwendung der -unstreitig- von der Beklagten gehaltenen Internet-Domain "siehan.de". Um die Freigabe eben dieser Domain geht es auch in dem Unterlassungsantrag zu II.

Da bei World Wide Web-Adressen die Domains im Rahmen des Domain Name Servers (DNS) regelmäßig mit den Zeichen "http://www." beginnen (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1999, 48, 49 - *WWW# in TOnline), führt der Umstand, daß die Klägerin die streitgegenständliche Domain in dem insbesondere-Teil des Unterlassungsantrages zu I. 1. um den Hostnamen "www." ergänzt hat, nicht zu dem Schluß, daß damit eine andere Domain bezeichnet worden wäre. Es kommt lediglich zum Ausdruck, daß sich die Klägerin maßgeblich, wenn auch nicht ausschließlich, gegen die Verwendung dieser Domain im World Wide Web richtet. Insoweit liegt jedoch nur eine andere Bezeichnung für die von der Beklagten gehaltene Domain "siehan.de" vor. Dem steht auch der von der Beklagten im Berufungsrechtszug vorgelegte Ausdruck aus der D........-Datenbank (Anlage BK 1) nicht entgegen, denn daraus ergibt sich lediglich, daß im Rahmen der EDV-gestützten Registrierung eines Domainnamens bei der D........ e.G. die Angabe der Hostnamens ("www") entfallen soll.

a.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nicht aus §§ 5 Abs. 2, 15 Abs. 2, 4 und 5 MarkenG begründet.

Die Bezeichnung "S.........!" stellt sich als Firmenschlagwort der klägerischen Firma "S......... ! Handelsgesellschaft mbH" dar. Dieser Firmenbestandteil ist seiner Art nach im Verhältnis zu den übrigen Firmenbestandteilen zur Durchsetzung als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin geeignet. Er ist auch geeignet, das Unternehmen der Klägerin unterscheidungskräftig zu bezeichnen und erfüllt mithin Namensfunktion. Zwar entstammt das Firmenschlagwort "S.........!" der Umgangssprache, doch wird es in unüblicher Weise verwendet, nämlich nicht dem eigentlichen sprachlichen Sinn gemäß, als Aufforderung, sich etwas anzusehen, sondern zur Bezeichnung des Versandhandelsunternehmens der Klägerin. Das Unternehmenskennzeichen ist gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG mit Benutzungsaufnahme, also bereits mit der Aufnahme der geschäftlichen Aktivitäten der Klägerin unter ihrer Firma im Jahr 1997 entstanden.

Die Beklagte hat zwar die geschäftliche Tätigkeit der Klägerin seit 1997, insbesondere unter Hinweis auf das Vollstreckungsprotokoll des Obergerichtsvollziehers G........... vom 9. November 2001 (Anlage BK 5) bestritten. Die Klägerin hat jedoch nachfolgend Katalogmaterial (Anlage K 6) und einen Ausdruck ihrer Internetpräsentation (Anlage K 7) zur Akte gereicht. Zudem befindet sich ein entsprechender Handelsregisterauszug bei Akte (Anlage K 1). Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin die vorgelegten Unterlagen nicht im geschäftlichen Verkehr, sondern nur zur Vorlage bei Gericht verwendet hat, ergeben sich nicht. Das pauschale Bestreiten der Beklagten ist nicht geeignet, die genannten Anlagen und den diesbezüglichen substantiierten Klagvortrag zu entkräften.

Die Beklagte verwendet mit der Domain "siehan.de" ein mit diesem Firmenschlagwort nahezu identisches, jedenfalls sehr ähnliches Zeichen. Die Zeichenidentität und Zeichenähnlichkeit eines Domainnamens mit einem Kennzeichen ist anhand der Second-LevelDomain (vorliegend: siehan), unabhängig von der Top-Level-Domain (hier: de) zu bestimmen, denn in der Endung ".de" erkennt der Nutzer lediglich einen Hinweis darauf, daß diese Domain bei der deutschen Vergabestelle, der D........ e.G., registriert worden ist. Ein Teil der Firma oder des Firmenschlagwortes wird darin jedoch regelmäßig nicht gesehen. Die Funktion der generischen Top-Level-Domains ist deshalb kennzeichenrechtlich grundsätzlich irrelevant (Fezer, MarkenG, 3. Auflage 2001, § 3 Rn. 336; OLG Hamburg OLGR 2001, 159, 162 -derrick.de).

Der Umstand, daß das Unternehmenskennzeichen in der DomainAdresse der Beklagten ohne Leerzeichen und ohne Ausrufungszeichen verwendet wird, steht der Ähnlichkeit nicht entgegen. Der Verkehr ist daran gewöhnt, daß Leerzeichen, welche in einer Domainbezeichnung nicht zulässig sind, durch Zusammenschreibungen (oder Bindestriche) ersetzt werden (OLG Hamburg CR 1999, 779, 782 -Mitwohnzentrale.de). Gleiches gilt für Ausrufungszeichen. Da diese als Sonderzeichen in Domainadressen unzulässig sind, ist der Verkehr daran gewöhnt, daß sie weggelassen werden.

Die Beklagte kann sich gegenüber dem Schutz des klägerischen Firmenschlagworts allenfalls auf eine prioritätsjüngere Bezeichnung berufen.

Mit dem Domain-Namen "www.siehan.de", bezeichnet die Beklagte ihr Internet-Magazin bzw. ihr Internet-Portal. Der Domainname "siehan.de" weist eindeutig den Weg zu der entsprechenden Website der Beklagten und kennzeichnet das Internet-Magazin als das dahinterstehende Werk bzw. das Internet-Portal mit der darüber angebotenen Dienstleistung der Beklagten.

Aufgrund der hohen Ähnlichkeit des Firmenschlagworts der Klägerin und des Domainnamens der Beklagten besteht grundsätzlich Verwechslungsfähigkeit.

Trotz dieser potentiellen Verwechslungsfähigkeit ist eine Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall zu verneinen. Maßgebend für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Rahmen von § 15 Abs. 2 MarkenG sind neben der Zeichenähnlichkeit auch die Kennzeichnungskraft der älteren Bezeichnung und die Branchennähe der Parteien (vgl. BGH GRUR 1975, 604, 605 Effecten-Spiegel; BGH GRUR 1992, 547, 549 -Morgenpost; BGH GRUR 1999, 235, 237 -Wheels Magazine).

Hinsichtlich des Firmenschlagwortes der Klägerin ist von normaler Kennzeichnungskraft auszugehen. Zwar entstammt die Bezeichnung der Umgangssprache und könnte insoweit beschreibend aufgefasst werden, doch erreicht sie aufgrund der konkreten Verwendung als Firmenkennzeichen, welche vom eigentlichen Wortsinn abweicht, zumindest durchschnittliche Unterscheidungskraft.

Die Parteien sind in unterschiedlichen Branchen tätig. Im Rahmen der Beurteilung der Branchennähe ist auch maßgeblich auf die unter der Internet-Adresse angebotenen Waren und Dienstleistungen abzustellen (so KG GRUR-RR 2001, 180, 181 -CHECK IN/checkin.com; OLG Hamburg GRUR-RR 2001, 126, 129 -Intershop; OLG Frankfurt WRP 2000, 772 -alcon.de; OLG Hamm NJWRR 1999. 631 -pizza.direkt.de; LG München 1 CR 19987, 540 freundin.de; LG Hamburg CR 1999, 47 -eltern.de; Fezer "Die Kennzeichenfunktion von Domainnamen, WRP 2000, 669, 674; Apel/Groß-Ruse, Markenrecht versus Domainrecht, WRP 2000, 816, 818).

Soweit die Beklagte demgegenüber unter Berufung auf das Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf CR 1998, 165 -epson.de) die Ansicht vertritt, daß bereits die Homepage selbst die verwechslungsfähige Ware oder Dienstleistung darstelle, verkennt sie, daß auch insoweit die allgemeinen Grundsätze des Kennzeichenrechts anzuwenden sind. Danach besteht der kennzeichenrechtliche Schutz nicht abstrakt, sondern nur bezogen auf konkrete Waren- und Dienstleistungen bzw. im Hinblick auf bestimmte Branchen. Die Homepage als solche ist weder die eigentlich relevante Ware noch eine Dienstleistung im Sinne von § 14 Abs.2 Nr. 2 MarkenG, sondern lediglich ein Mittel, die dahinter stehenden Waren bzw. Dienstleistungen anzubieten (OLG Hamburg GRUR-RR 2001, 126, 129 - Intershop).

Zwischen den Tätigkeitsfeldern der Parteien bestehen so große Unterschiede, daß trotz hoher Zeichenähnlichkeit und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der klägerischen Bezeichnung eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden kann.

Während die Klägerin einen Versandhandel, insbesondere mit Textilien betreibt, gibt die Beklagte unter der Bezeichnung "www.siehan.de" ein interaktives Internet-Portal bzw. InternetMagazin heraus, über welches allgemeine Informationen gesammelt und zugänglich gemacht werden. Das Tätigkeitfeld der Beklagten ergibt sich unmittelbar aus der Website. So befindet sich bereits zu Beginn der Homepage der Beklagten der drucktechnisch hervorgehobene Satz "Willkommen in unserem Internetmagazin "www.siehan.de"". Weiter heißt es dort "Unser Magazin wächst ständig und wird zunehmend erweitert". Die nachfolgenden Hinweise bzw. Hyperlinks zum Suchmaschinengenerator und zur Linkliste der Beklagten verdeutlichen zudem, daß das Angebot der Beklagten nur darin besteht, über das Internet Informationen zu sammeln, sowie diese zu systematisieren und zugänglich zu machen. Insofern ist die Tätigkeit der Beklagten in etwa mit derjenigen des Herausgebers einer Anzeigenzeitschrift vergleichbar.

Zwar trifft es zu, daß die Beklagte im Rahmen ihrer Homepage auch auf Anbieter wie z.B. die Firma Otto Versand hinweist, die -jedenfalls auch- Textilien im Angebot haben, doch wird dadurch keine Verwechslungsgefahr begründet, da ersichtlich ist, daß die Dienstleistung der Beklagten allein darin besteht, Informationen und Links zu sammeln und zur Verfügung zu stellen. Sie wird auf diese Weise nicht selbst zum Versandhändler, denn für den Nutzer ist deutlich erkennbar, daß entsprechende Anbieter allein deshalb über die Website der Beklagten zu erreichen sind, weil die Beklagte für ihre Homepage keinerlei Beschränkung auf bestimmte Waren und Dienstleistungen bzw. Anbieter vorgenommen hat. Anbieter von Textilien sind zudem über die Homepage der Beklagten nur sehr vereinzelt erreichbar und erscheinen im Verhältnis zu den übrigen Angeboten marginal.

Derjenige Nutzer, der das Firmenschlagwort und das Tätigkeitsfeld der Klägerin kennt und auf das Internetangebot der Beklagten unter der Bezeichnung "www.siehan.de" trifft, gelangt deshalb nicht zu der Annahme, es liege eine Expansion der Klägerin in einen anderen Geschäftsbereich vor. Beide Unternehmensbereiche sind so weit voneinander entfernt, daß nicht die Gefahr besteht, der Verkehr könne annehmen, es bestünden geschäftliche Zusammenhänge -etwa lizenzrechtliche Beziehungen- zwischen den Parteien.

Anhaltspunkte dafür, daß für das Firmenschlagwort der Klägerin die Voraussetzungen des weitergehenden Bekanntheitsschutzes geschäftlicher Bezeichnungen (§ 15 Abs. 3 MarkenG) vorliegen könnten, bestehen nicht.

Die Voraussetzungen des verlangten Verbots liegen mithin schon hinsichtlich der konkreten Verletzungsform nicht vor. Soweit sich die Klägerin darüber hinaus mit dem Hauptantrag gegen jegliche Verwendung der Bezeichnung "siehan", und zwar unabhängig davon, ob unter dieser Bezeichnung ein Portal betrieben oder unmittelbar bestimmte Waren- und Dienstleistungen angeboten werden, wendet, ist schon nicht dargelegt worden, daß Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr besteht. Die Beklagte hat insbesondere nicht für sich in Anspruch genommen, unter der streitgegenständlichen Bezeichnung im Geschäftsfeld der Klägerin, dem Versandhandel, insbesondere mit Textilien, tätig werden zu dürfen.

b.

Der geltend gemachte Anspruch ist auch nicht aus § 12 BGB begründet.

Fraglich erscheint bereits, ob angesichts der spezialgesetzlichen Regelung der §§ 5, 15 MarkenG, firmenrechtliche Abwehransprüche parallel auch auf § 12 BGB gestützt werden können. Der Anspruch aus § 12 BGB geht jedenfalls nicht weiter als derjenige aus § 15 MarkenG, soweit eine Fallkonstellation vorliegt, die von den markenrechtlichen Regelungen umfaßt wird. Auch insoweit besteht ein Unterlassungsanspruch nur dann, wenn Verwechslungsgefahr besteht (Ingerl/ Rohnke, MarkenG, 1998, Nach § 15 Rn. 21). Eine solche Fallkonstellation liegt hier vor, denn die Klägerin stützt ihren Anspruch auf Firmenrechte und beide Parteien sind geschäftlich tätig.

Selbst wenn, neben der gesonderten Regelung des Firmenrechts in §§ 5, 15 MarkenG, die Norm des § 12 BGB grundsätzlich für anwendbar erachtet würde, wäre der Unterlassungsantrag im Hinblick auf den Namen der Klägerin gemäß § 12 S. 2 BGB nicht begründet. Unter den Schutz des § 12 BGB fallen zwar auch Geschäftsbezeichnungen, insbesondere die Firma eines Unternehmens, sowie auch aus der Firma abgeleitete Abkürzungen und Firmenschlagworte (Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Auflage, 2002, § 12 Rn. 10 m.w.N.).Das Firmenschlagwort der Klägerin lautet -wie bereits ausgeführt- "S.........!". Es ist auch geeignet, das Unternehmen der Klägerin unterscheidungskräftig zu bezeichnen und erfüllt mithin Namensfunktion. Die von der Beklagten verwendete Domainbezeichnung "siehan.de" ist -wie bereits vorstehend ausgeführt- mit dem Firmenschlagwort der Klägerin nahezu identisch, ihm jedenfalls sehr ähnlich.

Es fehlt jedoch an der Voraussetzung der Zuordnungsverwirrung. Sie ist gegeben, wenn der geschützte Name dazu benutzt wird, Einrichtungen oder Produkte einer anderen Person namentlich zu bezeichnen. Es genügt aber auch, daß der Berechtigte mit Einrichtungen, Gütern und Erzeugnissen in Verbindung gebracht wird, mit denen er nichts zu tun hat. Die Zuordnungsverwirrung ergibt sich daraus, daß der unrichtige Eindruck hervorgerufen wird, der Namensträger habe dem Gebrauch seines Namens zugestimmt. Die Klägerin hat das Vorliegen einer solchen Zuordnungsverwirrung nicht darzulegen vermocht. Zwar sind das Firmenschlagwort der Klägerin, "S.........!" und die Domainbezeichnung der Beklagten "siehan.de" grundsätzlich verwechslungsfähig. Die Klägerin betreibt jedoch einen Versandhandel, über den insbesondere Textilien angeboten werden. Die Beklagte hingegen unterhält ein Internet-Portal bzw. gibt ein Internet-Magazin heraus. Die Parteien sind mithin -wie bereits ausgeführt- in unterschiedlichen Geschäftsfeldern tätig. Das führt dazu, daß der Verkehr nicht zu der Annahme, es bestehe irgend eine Verbindung zwischen der Klägerin und dem Internetangebot der Beklagten, gelangen kann. Aufgrund der erheblichen Unterschiede in den gewerblichen Angeboten der Parteien wird auch nicht der unrichtige Eindruck hervorgerufen, die Klägerin habe dem Gebrauch ihres Namens durch die Beklagte zugestimmt.

Dem steht auch die Shell-Entscheidung des BGH nicht entgegen, denn ihr lag ein anderer Sachverhalt zugrunde. Zum einen handelte es sich bei dem dortigen Beklagten um einen Privatmann, der nicht (mehr) im geschäftlichen Verkehr tätig war, zum anderen stand ein bekanntes Kennzeichen in Rede, so daß die Ausgangslage und damit verbundenen Rechtsfragen anders zu beurteilen waren (vgl. Pressemeldung des BGH in WRP 2002, 121 f.).

Anhaltspunkte dafür, daß es sich um ein Firmenschlagwort mit überragender Verkehrsgeltung handeln könnte, was zu einer anderen Beurteilung führen könnte (OLG München GRUR 2000, 519, 520 - rolls-royce.de; OLG Hamm NJW-RR 1998, 90 - krupp.de), bestehen nicht.

c.

Der Unterlassungsantrag ist im Hinblick auf den Namen der Klägerin gemäß § 1 UWG nicht begründet. Es ist weder dargetan, daß die Klägerin in unlauterer Weise behindert wird, noch daß relevante Kundenströme auf die Beklagte umgeleitet werden

d.

Da eine Schädigungsabsicht der Beklagten weder vorgetragen noch ersichtlich ist, scheidet ein Unterlassungsanspruch aus §§ 826, 226, 1004 BGB aus.

2.

Auch der Unterlassungsantrag zu I. 2. ist nach der Auffassung des Senats unbegründet. Da bereits -wie vorstehend ausgeführtdie Voraussetzungen des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs zu I. 1. aus Marken-, Wettbewerbs- und Namensrecht nicht vorliegen, erweist sich auch das Veräußerungs- bzw. Verfügungsverbot hinsichtlich der Domain "siehan.de" als unbegründet.

3.

Da bereits die Voraussetzungen der geltend gemachten Unterlassungsansprüche zu I. 1. und I. 2. nicht vorliegen, sind auch die Anträge auf Freigabe der Domain, Auskunft sowie Schadensersatzfeststellung unbegründet.

Da die Klage zwar zulässig, aber unbegründet ist, war das landgerichtliche Urteil auf die Berufung der Beklagten abzuändern und die Klage abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 ZPO n.F. nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

Ende der Entscheidung

Zurück